Ist Depression eine (Volks)krankheit?
In der moderierten Diskussionsveranstaltung stellen die Referentinnen, die sich in unterschiedlicher Weise auf Ehrenbergs „Das schöpfte Selbst“ beziehen, zunächst ihre Thesen zum Verhältnis von Depression und Gesellschaft vor. Im Anschluss findet eine Diskussion zu den teils kontroversen, teils ähnlichen Thesen mit den Teilnehmenden statt. Jurk beschreibt den Zusammenhang von gesellschaftlich-sozialen Zumutungen auf der einen Seite und der Pathologisierung der daraus resultierenden Nöte. Historisch verfolgt sie, in welchem Maß der Zugriff auf das Seelische zugenommen hat und welche Gefahren das birgt. Psychische Erkrankungen sind ein Geschäftsfeld mit hohen Gewinnerwartungen geworden, Depression ist dabei ein so schwammiger Begriff, dass er sich gut dafür eignet, massenhafte Bedürftigkeit nach Behandlung herzustellen. Kaindl beschreibt subjektwissenschaftliche Zugänge zur Depression und die Erkenntnisgrenzen der Psychoanalyse im Neoliberalismus. Dabei führt sie aus, warum die Depression als „Krankheit unserer Zeit“ verstanden werden muss. Summer überprüft die Stichhaltigkeit von Ehrenbergs These, die depressive Stimmung sei als Zeitkrankheit vom gesellschaftlichen Wandel und Selbstverwirklichungsdiskus verursacht, anhand eigener therapeutischer Praxisfälle und stellt Überlegungen zum Hinterfragen neoliberaler Anforderungen in der Psychotherapie bei Depression an.
Moderation: Leonie Knebel